Ein leerer Geist, ein freies Herz

Gedanken vorbeiziehen lassen, in sich innehalten – und dann mit der Welt sein

Angelehnt an den Auftakt [Beitrag vom 17.01.2023 „Ein neuer Auftakt„] habe ich im letzten Training den Begriff „mushin“ hervorgehoben: Leerer Geist (aus dem jap.: frei von hinderlichen Gedanken). Denn wie oft – begegnen wir dem nicht immer wieder – hängen die eigenen Gedanken etwas nach oder sich setzen sich in dem fest, etwas voraus zu bedenken oder zu planen.

Aber was ist mit dem Hier und Jetzt? Versuchen wir doch mal die Gedanken vorbeiziehen zu lassen – erlauben uns für Momente Abstand von Effektivität und Leistung zu nehmen! Richten stattdessen unser Augenmerk auf Atmung und Haltung – selbst das Miteinander stellen wir mal kurz beiseite!

Und dann – „mushin“ – aus dem Inneren heraus gerichtet eröffne ich mich dem, was ist – stelle mich der Welt und lasse meine intuitive Entscheidung zu: Nehme den Angriff, das Zugreifen ohne Abwehr und Beurteilung auf – stelle mich nicht dem Übergang zum Miteinander entgegen, sondern gebe den Raum frei.

Einen Raum für das Gemeinsame – für ein kreatives, konstruktives Zusammenwirken – und begleite diejenige / denjenigen, welche/r die eigene Mitte verlassen hat.

mushin - freier Geist
mushin – frei von hinderlichen Gedanken – ohne voraus zu bedenken oder zu planen

Was für ein Gewinn liegt darin verborgen, wenn ich (und gleich wenn es nur ein Bruchteil vom Tag ist) mich „mushin“ hingebe?
„shinkū myō“ – „Aus wahrer Leerheit erscheint das wunderbare Sein.“ [Shunryu Suzuki: Zen-Geist Anfänger-Geist | Wiener Verlag, Himberg (2000) 9. Aufl. S.124]

Ein neuer Auftakt

Vergangenes ruht auf sich – der Anfangsgeist strebt erneut hervor

Nach einer Phase der Zurücknahme macht sich auch wieder Tatendrang bemerkbar – auch wenn äußere Begebenheiten sich noch nicht so verändert haben, ist einer neuer Antrieb, ein neuer Impuls da, sich aufzumachen.

Vergangenes auf sich beruhen lassen:
Der Blick soll sich nach vorne richten, um wieder befreiter zu sein und um Positives bewirken zu können. Ist es nicht ein natürliches Verlangen nach Leben – die Suche nach Perspektive und Licht?

Noch ist der Blick möglicherweise unfokussiert – weitet sich zunächst noch – ist vielleicht eben noch ohne klares Ziel suchend. Dies passt recht gut zum Bild des Anfangsgeistes „shoshin“.
Wieder etwas erfahrener geworden, aber doch weiterhin auch offen und neugierig!

So empfand ich das erste Training als einen besonderen Auftakt, in welchem sich ein freudiges miteinander Agieren zeigte: Sich erneut hineinwagen, aufeinander zugehen und beherzt einlassen. Eine tolle Erfahrung für den Start!

shoshin - Anfangsgeist
shoshin – Vergangenes ruht – erfahrener aber weiterhin auch offen und neugierig

Seit August letzten Jahres fanden wieder regelmäßig einmal wöchentlich Trainingseinheiten statt – und nun trainieren wir endlich erneut auch freitags!
So bietet sich erfreulicher Weise ein angemessener Ausgleich, ein gutes Gegengewicht zu den Herausforderungen einer Woche.

„isse – no!“ – und auf geht’s!

Lichtblicke im neuen Jahr

Es geht weiter – und es wird besser

Die ersten Trainingseinheiten haben bereits wieder stattgefunden – alles unter 2G-plus. Seit gestern ist es für Geboosterte auch ohne zusätzlichen Test möglich, am „keiko“ teilzunehmen!

Wir werden vorerst aber weiterhin auf Abstand trainieren. Der Fokus wird auf die vorbereitenden Übungen im Aikidō „aiki-taisō“, der Fallschulübungen „ukemi“ und der Handhabung vom Holzstab im „aikijō“ bleiben.

Nach den Erfahrungen im letzten Jahr sollte sich die Situation mit dem Frühjahr weiter entspannen. Sodann gehe ich auch von einem Übergang zum normalen Training „aiki-taijutsu“ aus.

Ein besonderer Lichtblick  ist die angekündigte Lehrgangsreihe Ende Juni (Woche 1), Anfang Juli (Woche 2) im Schwarzwald mit Shimizu Kenji Sensei und Shimizu Kenta Sensei.
Nach nunmehr über 40 Jahren konnten diese Lehrgänge für Trainer/-innen und fortgeschrittene Aikidōka aufgrund der Corona-Pandemie in den letzten zwei Jahren nicht durchgeführt werden.
Dieses Jahr sollte es wieder möglich werden – „isse no“ (und alle zusammen)!

„ki wo tsukete“ – passt auf Euch auf!

Mit 2G geht es weiter

Training unter enger gefassten Bedingungen

Herrlich, regelmäßig auf den Tatami zu sein – sich in Dōgi und Hakama zu bewegen – sich wieder selbst begegnen und ganz zu erleben!

Klar, es fehlt noch dieses unbeschreibliche direkte miteinander Agieren – aber es ist schon viel mehr, als zu Zeiten des Lockdowns.

Um unseren Beitrag zu leisten, damit es mindestens so bleibt, wird hier ab sofort nur noch unter 2G trainiert. D.h. alle Aikidōka können nur mit rechtsgültigem Nachweis ihrer Genesung (vor mindestens 28 Tagen bis nach höchstens 6 Monaten) oder ihres Impfstatus (Immunisierung gegen Sars-CoV-2 vor mindestens 15 Tagen) am Training teilnehmen.

Dies dient dem Schutz der eigenen Gesundheit wie auch aller Anderen, welche indirekt / mittelbar Kontakt zum Trainingsgeschehen haben.

ri'eki
ri’eki

Bei Fragen oder Anmerkungen – selbstverständlich auch hierzu – kann gerne Kontakt zu mir aufgenommen werden – entweder telefonisch, per E-Mail oder über das Kontaktformular (bitte einen ausgiebigen Betreff angeben).

Alsdann wünsche ich alles Gute – Aufmerksamkeit und einen guten Umgang!

Neubeginn

Das erste Training nach den Sommerferien – ein herrlicher Auftakt!

Endlich kann es wieder losgehen – noch etwas verhalten – doch auf den Tatami und im Hakama.

Ein herrliches Gefühl das Dōjō zu betreten und der Einladung, zu sich zu kommen, nachgekommen zu sein. Sicherlich, noch trainieren wir auf Distanz, sind aufgrund der derzeitigen Situation mit Corona noch Einschränkungen notwendig, doch ist die eigene Zurückhaltung eben nicht verkehrt: Wie lange ist es her, sich in dieser Art und Weise bewegt zu haben?

Atemübungen erwecken Erinnerungen – die Präsenz ist unmittelbar wieder da. Es zeigt sich, wie das Keiko bereits auf Körper und Geist Einfluss genommen hatte und diese wohl nur darauf gewartet haben, wieder unbeschwert loszulegen.

Im Miteinander lässt sich jede/r Aikidoka auf die vorbereitenden Körperübungen ein – den „aikitaisō“. Vertrauensvoll in sich selbst finden und sich mobilisieren – mit erstem Dehnen beginnen und behutsam weiter gehen, weiter und größer werden. Von kleinen Kreisbewegungen gehen wir mit der Zeit in größere Bahnen über und erleben wieder die einzigartigen Ausweichbewegungen – „taisabaki“ als Grundlage für das Ausweichen, das Perspektive-Bewahren und die Gestaltung.

Endlich wieder „tatami“ und damit „ukemi“: Fallen – und wieder Erstehen!
Ausatmen und Gehen-Lassen – sich der Bewegung überlassen und diese dann fortführen – Einatmen und Sich-Erheben.
Noch in Bezug mit sich alleine lässt sich schon der natürliche Fluss von Bewegungen erfahren – nicht einfach zu beschreiben noch im Detail zu erfassen. Es verbleibt eine Art Befreiung – zusammen mit einer entspannten Aufmerksamkeit.

Schön wieder hier zu sein!

Anpassen und Fließen-lassen

Ausweichen ist der Schlüssel – aus der eigenen Mitte hervor und doch in direktem Bezug zum Angriff: Das ist der offensive Anteil im Aikidō.

Im Aikidō setze ich dem / der Angreifenden nichts entgegen – Anpassen und Fließen-lassen sind das Kennzeichnende: „awase to nagashi“.

Wie komme ich dazu einen Angriff einfach nur anzunehmen, mich dem anzupassen? – Klar ist doch wohl, dass ein Gegenhalten oder sogar ein Gegenangriff immer ein Risiko in sich birgt – egal wie intensiv ich trainiert und mich sogar auch mental vorbereitet habe. Wäre es nicht weiser Auszuweichen – ohne Kampf?

Wie soll das gehen? Der Angriff hört doch damit nicht einfach auf? – Aber ganz entscheidende Dinge sind dann für den / die Angreifende/n passiert: Mein Angriff ging in die Leere – wie komme ich meinem Ziel nach?

Beides erlebt die / der Angreifer/in auch körperlich: Unsicherheit.
Für mich hingegen kommt es darauf an, mich angemessen herausgenommen zu haben und weiter gut in mir zu sein. Habe ich doch selbst die unmittelbarste und zuverlässigste Möglichkeit für eine notwendige Veränderung ergriffen – das stärkt! Eine ganzheitliche Bewegung ohne betroffen gewesen zu sein, noch getroffen zu werden. Und weiter kann es gehen – ich kann mich lebendig und frei bewegen.

Durch das Verbinden mit der Angriffsbewegung des / der Partnerin/s und dem Fortführen kommt diese/r dann vollständig aus der eigenen Mitte. Alles Nachfolgende nimmt diese/n in sich weiter auf und auch ich gebe mich den anschließenden bogenförmigen Bewegungen hin – der erste Angriff endet und hat uns zu einem Miteinander zusammengeführt.

Wie lange braucht es, um das zu können? Das dauert doch sicherlich ewig! – Mit der Entscheidung für einen respektvollen Umgang mit mir fange ich schon unmittelbar mit dem Üben an: Ich werde mir meiner Haltung, meines Auftretens und meiner Einstellung bewusster und klarer – mein Wirken nach innen wie auch nach außen werden entspannter und doch vitaler zugleich.
Dauert für einen selbst nicht alles nur ein Leben lang – ist nicht die entscheidendere Frage, wie ich in meinem Umfeld in der mir unbekannten Zeit gelebt haben möchte?

Partner/in im Aikidō

Grundlage für „aite“ ist sein / ihr „ukemi“ – damit sind das Sich-Einlassen auf die Führung, das Sich-Schützen und die Fallschule an sich gemeint.

„uke no jūyōsei“ – Die Bedeutung des / der Partners/in ist für das Training im Budō außerordentlich groß. So braucht es von Zeit zu Zeit ein paar Worte dazu, da das notwendige Verständnis für diese Rolle nicht selbsterklärend ist.

Welche Aufgabe/n hat der / die Partner/in? – Der Angriff soll den / die Übende/n „shite“ in der eigenen Entwicklung unterstützen. Dies setzt aber voraus, dass „aite“ so wenig wie möglich eigene Gewohnheiten, Unklarheiten und / oder Unsicherheiten in die jeweilige Übung mit hineinbringt und der Führung nachkommt – sich dieser nicht widersetzt. Ansonsten würde es keine ausreichende Rückmeldung mit direktem Bezug geben.
Grundlage für „aite“ ist sein / ihr „ukemi“ – damit sind das Sich-Einlassen auf die Führung, das Sich-Schützen und die Fallschule an sich gemeint.

Wie kann ich ein guter / eine gute Angreifer/in werden? – Im Training übe ich mich mit meinen Möglichkeiten so hinein zu geben, dass ich mir meiner Gewohnheiten bewusster werde. Unklarheiten kann ich stehen lassen und stelle mich schrittweise meinen Unsicherheiten. Zur Entwicklung meines „ukemi“ kommt es nicht auf Geschwindigkeit und Kraft an – diese sind für das bewusste Trainieren miteinander eher hinderlich. So lerne ich fortwährend präsenter und natürlicher auf den / die Übende/n „shite“ hinzu zu gehen – solange sich mir die Möglichkeit dazu bietet, bis hin zu dem Einlassen auf den Fall.

Was habe ich als Angreifer/in letztendlich davon? – Es ist keine einfache Sache, sich immer wieder bewusst einzulassen und an sich zu üben. Doch finde ich hierdurch zu einem gesunden, ausgleichenden Training von Körper und Verstand: Dort, wo ich stark bin, kann ich lösen, entspannen und werde flexibler – und in Bereichen meiner Schwächen stärke ich mich, werde belastbarer.
Durch das sich immer wieder Einbringen und neue Erstehen entwickle ich mein „ukemi“ und finde zu „aite“ – so gelange ich zu einem Mehr an innerer Klarheit und eigenem Freiraum.